Zukunft schenken - kann das gelingen?
Zurück geschickt ins Ungewisse: Qerim Rexhmataj und seine Familie
Qerim ist 1982 geboren – 33 Jahre jung. Er sagt: „ Ich könnte 100 Jahre alt sein.“
Seit Anfang August 2015 wohnt er in Schwanewede – zusammen mit seiner Frau Hatije (30 J.), seiner 4jährigen Tochter Grisela, seinem 3jährigen Sohn Gerald und seinen einjährigen Zwillingen Gerd und Gresa. Gert und Gresa sind in Schwanewede geboren. Die Not hat ihn aufbrechen lassen aus Albanien. Seine Frau war hochschwanger.
Qerim kommt aus Tershen bei Kukes in Nordalbanien. Das kleine Dorf mit etwa 15 bis 20 Häusern liegt in einem Tal, umringt von über 2000 m hohen Gebirgszügen (Gjalica). In das Zimmer, in dem er bis zu seinem Aufbruch nach Deutschland wohnte, ist sein Bruder mit Familie gezogen.
In den drei Zimmern des kleinen Hauses wohnen jetzt 14 Personen: Qerims Eltern und die Familien zweier Brüder mit zwei und 6 Kindern. Fließendes Wasser gibt es dort nicht, doch Bergquellen. Ein Rohr bringt das Wasser in die Nähe des Hauses. Gekocht wird mit Feuerholz, Strom kommt unregelmäßig und kann oft nicht bezahlt werden. Kühlschrank und Waschmaschine gibt es nicht.
Auf dem kleinen Grundstück werden Tomaten, Kartoffeln, Mais und Bohnen angebaut, in den Bergen Schafe gehütet. Zwei bis dreimal im Monat ging Qerim über die Berge in die nächstgelegene größere Stadt Kukes, um dort im Supermarkt Öl, Zucker und weitere Nahrungsmittel zu kaufen, die nicht angebaut werden konnten. Hin- und Rückweg über einen schmalen Bergweg dauerten 6 Stunden.
Einen erreichbaren Kindergarten gibt es nicht, aber eine Schule, die etwa 7 km entfernt ist. Die Kinder gehen dorthin zu Fuß. Auch im Winter bei hohem Schnee.
An seinen eigenen Schulbesuch (8 J. lang ) mag Qerim nicht denken. Der lange Weg – Schnee - schlechte Schuhe - kein Brot - Hunger. Bis er 15 Jahre alt war, litt er immer unter Hunger.
Nach Schulabschluss begann seine Suche nach Arbeit. Zunächst ging er nach Mazedonien, wo er einen Sommer lang in den Bergen Tag und Nacht 600 Schafe hütete und immer im Freien war, auch bei Kälte und Nebel.
1999 ging er eine Woche lang zu Fuß nach Griechenland, wo er schon am ersten Tag wegen Illegalität festgenommen wurde und 2 bis 3 Monate im Gefängnis verbrachte. Er kehrte schließlich zurück und arbeitete weiterhin auf dem Feld und bei den Schafen. 2004 brach er wieder nach Griechenland auf, 15 Tage zu Fuß mit einem Cousin, er hatte Hunger und vor allem Durst. Einmal fand er eine Flasche bei einem Traktor, trank sie aus und bemerkte zu spät, dass in diesem Wasser Öl war. Er wurde so krank, dass er nicht weiß, wie er das überlebt hat. 5 Jahre lang arbeitete er in Griechenland als Hausmeister an verschiedenen Stellen. Alle Aufträge nahm er mutig an, Bauarbeiten und Reparaturen. 2009 ging er zurück nach Albanien, weil er krank wurde. Mit dem Ersparten bezahlte er Arztbesuche und Medikamente. Wieder betrieb er Feldarbeit und hütete Schafe. 2011 heiratete er seine Frau Hatije und bekam 2012, 2013 und 2015 seine vier Kinder.
Die meisten seiner Tage sind bis heute vom Kampf ums Überleben geprägt.
In Schwanewede wohnt er beengt in der Ostlandstraße 34, aber das reicht ihm aus. Den Umzug in eine größere Wohnung wollte er seiner Frau mit den vier kleinen Kindern wegen der vielen Stufen nicht zumuten. Er hatte das Glück, dass er kurz nach seiner Ankunft in Schwanewede einen Sprachkurs der Volkshochschule besuchen konnte. Erfolgreich legte er die A1 Prüfung ab und besuchte weiterhin ehrenamtlich erteilten Unterricht. Zuletzt nahm er an einem Angebot des Arbeitsamtes teil, lernte weiterhin Deutsch und absolvierte ein 6wöchiges Praktikum in einem Gartencenter. Er schrieb Bewerbungen, doch dann erreichte ihn ein Schreiben, dass ihn zur Ausreise aufforderte. Sein Asylantrag war abgelehnt.
Seitdem plagt er sich mit Kopf- und Herzschmerzen, denn er weiß nicht, wohin er bei seiner Rückkehr soll. Er kann über seine Rückkehr kaum nachdenken und kaum mit seiner Frau darüber sprechen, weil er weiß, dass es keinen Platz für ihn und seine Familie gibt. Und Arbeit schon gar nicht.
Diese Aussichts- und Zukunftslosigkeit ist schwer zu ertragen. Wir möchten sie als Ökumenische Initiative nicht tatenlos hinnehmen.
Deshalb träumen wir mit ihm jetzt einen gemeinsamen Traum. Den Traum von einem kleinen Haus mit einem Grundstück, von dem er seine Familie durch den Anbau von Gurken, Kartoffeln, Tomaten, Mais und Paprika weitgehend ernähren kann. Vielleicht könnte er selbst einen kleinen Stall für eine Ziege und eine Kuh dazu bauen. Die Familie würde in der Nähe von Kukes wohnen, dort, wo er immer zum Einkaufen über die Berge ging. Dann hätten die Kinder einen Kindergarten und eine Schule in erreichbarer Nähe. Und bei Krankheit wäre ein Arzt nicht so weit entfernt. Bezahlen müssten sie ihn für die meisten Behandlungen selbst. Die Medikamente auch. Arbeit würde er suchen. Ob er eine findet, bleibt abzuwarten.
Qerim wagt es zu träumen. Wir ermuntern ihn dazu.
Wir würden ihm und seiner Familie gerne Zukunft schenken – und wenn es möglich wäre auch weiteren Familien aus den Balkanländern, die ohne unsere Hilfe ins Nichts fahren. Jede Spende verwandelt Trostlosigkeit in Hoffnung.
Spendenkonto: Ev.-luth. Kirchengemeinde Schwanewede
Konto DE32 2915 2300 0000 2318 45
Verwendungszweck : KST 6420-15800 Flüchtlingshilfe